Citrin

Citrin

Nehmen wir an, jemand hat ein Moped gekauft doch seine Freunde und Bekannten sprechen nur über seine „wunderbare Rennmaschine“. Er würde sich wohl verschaukelt fühlen, denn er wollte das Moped nur für kurze Fahrten bei schönem Wetter, doch auch der Verkäufer gratuliert ihm zum Besitz eines „echten Flitzers“.

So in etwa geht es auch dem Citrin, dem Stein des Monats November. Viele Menschen kennen und lieben diesen Stein unter dem Namen Goldtopas, Madeira- oder Spanisch-Topas obwohl er in Wirklichkeit – bis auf ein paar Farbnuancen – nur sehr wenig mit dem höherwertigen Edelstein Topas gemeinsam hat. Trotzdem ist die Geschichte des Citrin eng mit der des Topas verwoben, bei der Auslegung ihrer heilsamen Kräfte stimmen sie sogar völlig überein. Dabei ist der Citrin ein Mitglied der großen Quarzfamilie, eine Familie die mit ihrer Vielzahl von Farben und sehr verschiedenen Strukturen Edelstein-Liebhabern fast alles bietet, was das Herz in Bezug auf Schmuck und Dekoration begehrt, von absolut klaren Bergkristallen bis hin zum schwarzem Onyx. Und das zu durchaus erschwinglichen Preisen.

Zitronengelb?

Der Name Citrin wird von der Farbe abgeleitet obwohl die begehrtesten Steine eher eine klare, strahlende gelbliche bis bräunlich rote Färbung haben. Wie alle Kristallquarze hat der Citrin eine Härte von 7 auf der Mohs-Skala und ist somit in hohem Maße unempfindlich gegenüber Kratzern. Er kann auch Stöße verkraften da das Material sehr bruchfest ist. Obwohl der Lichtbrechungsindex relativ niedrig ist, scheinen die gelben Steine genau den lieblich warmen Farbton der letzten Glut des Herbstes eingefangen zu haben. Schwer und süß – wie goldener Rheinwein oder funkelnder Madeira – schimmert Citrinschmuck und bringt einen Hauch Sonnenglanz in trübe Novembertage.

Es gibt außer dem Citrin nicht viele natürliche gelbe Edelsteine auf dieser Welt. Der Turmalin oder Chrysoberyll, oder manchmal, auch wenn er etwas zu grün neigt, ein Goldberyll, oder eben ein reiner Topas. Diamanten oder Saphire können gelb sein, sind aber sehr teuer. Der Citrin erfüllt außerdem jeden Farbwunsch, von zitronengelb bis rötlich-braun.

Selbst gelbe Quarze treten in der Natur relativ selten auf. Hierfür müssten Spuren von Eisen in dem Siliciumdioxid enthalten sein. Historische Fundorte sind Spanien, die schottische Insel Arran, Frankreich, Ungarn und mehrere Minen in Übersee. Da man in der Mitte des 18. Jahrhunderts herausgefunden hat, dass Amethyste und Rauchquarze durch sogenanntes Brennen ebenfalls gelb gefärbt werden können, hätte der Citrit relativ bedeutungslos werden können. Die Wärmebehandlung muss zwar sehr sorgfältig bei Temperaturen zwischen 470 und 560 Grad durchgeführt werden und erfordert ein hohes Maß an Erfahrung, doch im Laufe von 200 Jahren hat sich ihre Anwendung so weiterentwickelt, dass die meisten der im Handel erhältlichen gelben Steine heute in der Tat gebrannte Amethyste oder Rauchquarze sind. Nur ein ausgebildeter Fachmann kann die Zeichen der Wärmebehandlung anhand der Farbgebung erkennen, gebrannte Steine haben feinen Streifen während natürlich gelbe Steine eher eine wolkig trübe Farbe haben.

Erst in den 1930er Jahren, als aus Idar-Oberstein ausgewanderte Achatschleifer Amethyst, Achat und große Mengen Citrin aus Brasilien und Uruguay nach Hause schickten, begann in Europa der Siegeszug der gelb bis rötlichen Kristallquarze. Die goldgelben Quarze leisten bis heute einen Beitrag dazu, dass Idar-Oberstein eines der großen Edelsteinzentren der Welt ist. Wie sie es von Achat und anderen Quarzarten gewohnt waren, schliffen die Idar-Obersteiner den Citrin zu Anfang mit bloßer Hand auf großen rotierenden Sandsteinen. Wenn Sie darüber ein wenig Nachdenken wird Ihnen klar, wie geschickt die Schleifer aus dem Hunsrück wirklich waren.

Die Lieferungen der Rohstoffe kam in Europa rechtzeitig zur Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Durch die Stärkung des Bürgertums wuchs die breite Nachfrage nach Schmuck stark an. Der Citrin fand eine permanente Nische für sich. Da man bis dahin eigentlich nur den Topas als gelben Edelstein kannte, wurden die gelben und braunen Quarzkristalle unter dem Namen Goldtopas oder Rauchtopas schnell sehr beliebt bei den Damen. Sie fanden sich außerdem in Treppen- und Tafelschliffen und wurden als Manschettenknöpfe und Ringe Teil der Ausgehgarderobe des feinen Herrn. Zu Beginn spielte vielleicht auch die Vorstellung von „Mehr Schein als Sein“ eine Rolle. Es gibt keinen anderen Stein, bei dem sich ein falscher Name so hartnäckig hielt wie beim Citrin. Noch heute wären manche Schmuck-Enthusiasten ohne Fachkenntnisse erstaunt darüber, wenn Sie ihnen sagten, dass ihr „Goldtopas“ eigentlich ein Citrin, also kein Topas sondern ein Quarz ist.

Was ist der Unterschied zwischen einem echten Topas und dem Citrin? Als Fluoraluminiumsilikat ist der Topas wesentlich härter und schwerer als Quarz und hat einen höheren Brechungsindex. Dadurch hat der Topas bei einer guten Farbe mehr Feuer als der Citrin. Eine Schwäche des Topas ist seine gute Spaltbarkeit die bei der Verarbeitung berücksichtigt werden muss. Anders als den Citrin gibt es den Topas in allen Farben des Regenbogens, außerdem ist er schon mindestens 2000 Jahren bekannt. Es kann nicht endgültig nachgewiesen werden ob der Name des Topas aus dem Sanskrit oder dem Griechischen stammt, obwohl der griechische Begriff „topazos“ „grüner Edelstein“ bedeutet. Die Römer haben den Topas Jupiter gewidmet.

Die Farbe in der der Topas am häufigsten gefunden wird ist gelb, das ist auch die Farbe in der er in einem der bedeutendsten deutschen Edelsteinfelsen auftritt: dem Schneckenstein in Sachsen. Im 18. Jahrhundert wurde der Topas dort in einem Zeitraum von über 60 Jahren abgebaut. Allerdings waren die meisten der Kristalle kaum einen Zentimeter im Durchmesser. Man musste nach Sibirien oder Brasilien gehen, um Kristalle in Faustgröße zu finden. Von der Schönheit geschliffener Exemplare kann man sich in der Topas-Garnitur im Grünen Gewölbe in Dresden selbst überzeugen. Der riesige herrliche Topas der portugiesischen Krone, der Braganza, wurde lange Zeit für einen Diamanten gehalten. Er wiegt 1680 ct.

In der Mystik wird sowohl dem Topas als auch dem Citrin eine kühlende, blutstillende und appetitanregende Wirkung zugeschrieben. Den Steinen wird nachgesagt Trauer, Wut und nächtliche Ängste zu zerstreuen und seine Träger vor Giften zu warnen und sie vor einem plötzlichen Tod zu schützen. Sie haben den Ruf, Männer schön und intelligent und sterile Frauen fruchtbar und glücklich zu machen. Allerdings ist es wahrscheinlich besser, sich nicht zu sehr auf deren magische Kräfte zu verlassen, denn man behauptete auch, dass Sie Ihre Hand in siedendes Wasser tauchen und unbeschadet wieder herausziehen können wenn Sie davor einen Topas oder einen Citrin hineingeworfen haben!

Im Empire war der Topas noch weit verbreitet, aber dann übernahm der preiswertere Citrin seinen Platz ein und eignete sich sogar seinen Namen an – Goldtopas. Seitdem ist der Topas eher ein Exot in der Schmuckbranche. Durch das Prädikat „Edel“ wird heute klargestellt, dass es sich um einen Topas und nicht um einen Citrin handelt.