Paraiba-Turmalin
Diese kupferhaltigen Turmaline aus der Mina da Batalha in dem brasilianischen Bundesstaat Paraiba sind klein, selten und kostbar. Ihre temperamentvolle türkise bis grüne Farbe kann in kaum einem anderen Edelstein auf der Welt gefunden werden. Die Exklusivität dieses legendären Fundes macht diesen seltenen Edelsteinen zu einem wahren Schatz.
Paraiba – das Wort hat eine besondere Faszination für den Kenner, denn es ist der Name eines Edelsteins mit blauen bis grünen Farbtönen von außerordentlicher Lebendigkeit. Erst vor kurzem entdeckt, hat die Welt die Entdeckung dieses einzigartigen Edelsteins einem Mann und seinem unerschütterlichen Glauben zu verdanken: Heitor Dimas Barbosa. Unermüdlich gruben er und seine Assistenten viele Jahre in den Pegmatitablagerungen eines unscheinbaren Hügels im brasilianischen Bundesstaat Paraiba.
Heitor Dimas Barbosa war mehr als nur ein Schatzsucher. Er suchte nach etwas, dessen Existenz bis dahin nicht bewiesen werden konnte. Der Mann war absolut überzeugt davon, dass er irgendwo unter dem – heute berühmten – „Paraiba Hügel“ etwas „ganz anderes“ finden würde. Und er hatte recht! Im Jahr 1981 begann er mit den ersten Vorbereitungen für Grabungen in einem alten und verfallenen Tagebau. Er hatte ein tiefes Loch nach dem anderen in den harten Boden gebohrt – ohne Erfolg. Aber plötzlich, fünfeinhalb Jahre nach dem ersten Spatenstich, manifestierten sich in dem Gewirr der Stollen, Schächte und Tunneln die ersten Anzeichen eines Turmalinfundes. Im Herbst 1989 wurde aus einem der vielen Gänge schließlich eine Hand voll Steine in Farben von denen die Menschen bisher nur Träumen konnten ans Tageslicht gebracht. Leider geschah dies gerade in einer Zeit, in der der „Vater der Paraiba-Turmaline“ sich wegen einer Krankheit nicht in der Mine aufhielt. Tatsächlich wurden die wunderschönen Rohkristalle verkauft ohne dass er sie zu sehen bekam! Als der Fund sich herum sprach begann eine hektische Zeit in der Mine. Weitere fünf Jahre wurde der mittlerweile berühmte Hügel, nur 400 Meter lang, 200 Meter breit und 65 Meter hoch, durchkämmt und zum Teil sogar vollständig abgetragen. Aber es war alles umsonst. Bis heute wurden keine weiteren Funde gemacht.
Kupfer macht den Unterschied
Brasilien ist das klassische Land der Turmaline. Mitglieder dieser herrlichen Edelstein-Gruppe gibt es in praktisch allen Farben des Regenbogens. Für eine lange Zeit fehlte aber ein strahlendes Türkis – bis zur Entdeckung der kostbaren Paraiba-Turmaline.
Normalerweise sind Elemente wie Eisen, Mangan, Chrom und Vanadium für die schöne Farbgebung der Turmaline verantwortlich. Beim Paraiba-Turmalin ist es anders: seine prächtige Farbe verdankt er dem Kupfer, einem Element, dass nie zuvor in einem Turmalin beobachtet wurde. In der Tat besteht er zu großen Teilen aus Kupfer. Dennoch haben Wissenschaftler entdeckt, dass er auch oft Mangan enthält.
Das Zusammenspiel zwischen diesen beiden Elementen lässt den Paraiba-Turmalin in einer Vielzahl von faszinierend schönen Farben leuchten: Smaragdgrün, Türkis, Hellblau, Saphirblau, Indigo, Bläulich-violett und Lila. Bestimmten Mischverhältnisse können sogar zu einer hellgrauen Färbung mit blau-violetten Tönen führen. In seiner hohen Konzentration ist das Kupfer für die begehrten leuchtenden Blau-, Türkis- und Grüntöne verantwortlich, Violett- und Rottöne werden durch das Mangan verursacht. Erfahrene Schleifer können die roten Farbkomponenten durchs Brennen beseitigen, so dass nur die Farbe des Kupfers übrig bleibt.
Die außergewöhnliche Lebendigkeit seiner Farbe verrät der Paraiba-Turmaline allerdings erst, wenn der Stein geschliffen wurde. Facettiert funkelt er mit einem wirklich ungewöhnlichen „Feuer“ und scheint selbst dann intensiv zu leuchten, wenn es nur sehr wenig Licht gibt. Daher wird seine Farbe oft als „elektrisch“ oder „neonartig“ beschrieben. Die Aura dieses Schatzes der Natur ist frisch und temperamentvoll zugleich. Das „Schwimmbad-Blau“ eines Paraiba-Turmalins“ strahlt eine positive Lebendigkeit aus die auch Laien sofort erkennen.
Paraiba-Turmaline sind fast immer recht klein, denn die schönen kupferhaltigen Turmalinkristalle aus dem „edlen Hügel“ in Paraiba waren fast alle Bruchstücke. Größere komplette Rohsteine mit einem Gewicht von mehr als 5 g waren schon selten, wirklich selten aber waren Kristalle mit einem Gewicht von mehr als 20 Gramm. Aus diesem Grund ist es sehr unwahrscheinlich, dass Sie einen großen Paraiba-Turmalin bei einem Juwelier oder Edelsteinhändler finden werden – ganz abgesehen von der Tatsache, dass nur wenige Fachhändler diese hochgeschätzte Edelsteinseltenheit überhaupt noch anbieten können.
Die Edelstein-Welt war von Anfang an von der Schönheit und den temperamentvollen Farben der Paraiba-Turmaline gefesselt. In kürzester Zeit erfreuten sie sich größter Beliebtheit. Heute gehören sie zu den begehrtesten und teuersten Edelsteinen der Welt. Sie erzielen völlig unvorstellbare Preise die sogar weiter steigen. Fünfstellige Preise pro Karat sind keineswegs außergewöhnlich für schöne Exemplare aus Paraiba. Innerhalb kürzester Zeit wurden die wenigen verfügbaren Steine vom Markt förmlich aufgesogen. Und die Begeisterung ist verständlich, hat die Natur hier doch einen Edelstein mit einzigartiger Farbe und Leuchtkraft erschaffen. Ohne Heitor Dimas Barbosa Vision etwas „ganz anderes“ finden zu können, würden wir heute wahrscheinlich noch nicht einmal etwas davon wissen.
Liegt Paraiba jetzt in Afrika?
Streng genommen wäre dies das Ende der Geschichte der Paraiba-Turmaline. Aber die Natur hat manchmal die eine oder andere Überraschung im Ärmel. Seit dem Jahr 2001 hat die Geschichte eine Fortsetzung, auch wenn sie in einem anderen Teil der Welt spielt. In diesem Jahr erschienen plötzlich einige glänzende blaugrüne Turmaline aus Nigeria auf dem Markt, also nicht aus Paraiba. Es war eine echte Sensation: so wie die Paraiba-Turmaline offenbaren diese Steine ihre wahre Schönheit erst nach dem sie einem sorgfältigen Brennvorgang unterzogen wurden. Es ist richtig zu sagen, dass ihre Farben in der Regel einen Hauch heller sind, aber der Unterschied ist so gering, dass der Laie ihn kaum bemerken wird. Auch die Wissenschaftler können die beiden Steine kaum voneinander unterscheiden, chemisch scheinen beide Arten identisch zu sein. Beide erhalten ihre schöne Farbe durch Kupfer und Mangan. Wie ist das möglich? Liegt Paraiba plötzlich in Afrika? Natürlich nicht. Aber dieser wertvolle Edelstein ist ein erstaunlicher Beweis für den Kontinentaldrift. Um eine Erklärung zu bekommen müssen Sie sich nur einen Weltatlas nehmen und einen Blick auf die Umrisse des südamerikanischen Kontinents und Afrika werfen. Wenn Sie die Küste von Südamerika nun in Gedanken nach Osten verschieben werden Sie feststellen, dass sie wie ein fehlendes Puzzleteil an die Westküste Afrikas passt. Nigeria schmiegt sich schön an den Nordosten Brasiliens. Daher können wir annehmen, dass die strahlende Kupferturmaline aus Nigeria unter den gleichen Bedingungen entstanden wie die aus Paraiba. Allerdings zu einer Zeit, bevor die Kontinente auseinander drifteten. Sind sie deshalb so schwer voneinander zu unterscheiden? Dies bleibt eines der großen Rätsel in der faszinierenden Welt der Edelsteine. Edelstein-Liebhaber freuen sich aber vor allem über die Tatsache, dass die Turmaline aus Afrika dank ihrem temperamentvollen grünlichen Blau auf dem Markt eine Alternative zu den legendären Paraiba-Turmalinen bieten.